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Bierstreit | Begriffe einer Studentenverbindung

Der Bierstreit ist eine traditionsreiche, teils humorvoll inszenierte Auseinandersetzung innerhalb vieler Studentenverbindungen. Er stellt eine parodistische Form der Mensur dar – also des studentischen Fechtens – und dient dazu, eine Meinungsverschiedenheit oder eine als Beleidigung empfundene Äußerung (auch „Tusch“ genannt) auf rituelle Weise zu klären. Dabei tritt nicht körperliche Gewalt, sondern der Trinkwettstreit als symbolisches "Gottesurteil" in den Vordergrund.

Der Beleidigte fordert den Bierstreit durch ein „Bierjunge!“ heraus. Das Gegenüber kann diesen durch ein „Hängt!“ (in Österreich: „Sitzt!“) annehmen. Anschließend kann der Streitwert erhöht werden – üblich sind dabei Verdopplungen in bestimmten Stufen:

  • 1-fach – Bierjunge

  • 2-fach – Doktor

  • 4-fach – Professor

  • 8-fach – König (auch „Kösener Achtkant“)

  • 16-fach – Kaiser

  • 32-fach – Papst

Höhere Steigerungen sind nicht vorgesehen – „Papst“ stellt die oberste Eskalationsstufe dar.

Varianten des Bierstreits

Es gibt unterschiedliche Ausführungen des Bierstreits, die sich je nach Region, Comment oder Veranstaltung unterscheiden:

1. Sportlicher Bierstreit (Kieler Comment)

Hier treten die Kontrahenten im direkten Wettkampf gegeneinander an: Zwei gleiche Gläser oder Krüge werden exakt gleich befüllt. Auf Kommando trinken beide gleichzeitig – derjenige, der zuerst vollständig ausgetrunken hat (ohne zu kleckern – also „ohne zu bluten“), gewinnt den Streit. Diese Form ist schnell, direkt und häufig auf Kneipen oder informellen Anlässen zu finden.

2. Akademischer Bierstreit

Der akademische Bierstreit ist deutlich aufwändiger und wird bei formelleren oder symbolisch bedeutsamen Anlässen durchgeführt. Dabei wird ein neutraler Präsid (Schiedsrichter) gewählt, der den Streit leitet. Beide Parteien dürfen zudem einen Sekundanten stellen, der sie vertritt und unterstützt.

Ablauf:

  • Der Präside eröffnet den Streit feierlich, häufig mit dem Satz:
    „Alle Allmacht liegt bei mir.“

  • Die Streitgründe werden vorgetragen, Zeugen können gehört werden.

  • Das Wortrecht wird formal beantragt mit „Verbum peto“ und mit „Habeas“ (gewährt) oder „Non habeas“ (abgelehnt) beantwortet.

  • Die Gläser werden millimetergenau befüllt, überprüft und auf Kommando getrunken – oft mit einem humorvollen Trinkritual:

    „Vom Boden – zum Hoden,
    Vom Nabel – zum Schnabel,
    Sauft’s!“

  • Vor dem echten Trinkbefehl wird angekündigt, ob das Kommando „scharf zieht“ (also ernst gemeint ist) oder lediglich „unscharf“ zur Erklärung dient.

Regelverstoß: Grobe Verstöße gegen die Anweisungen des Präsiden können mit einer sogenannten Kanne geahndet werden – einem Straftrunk. Dabei sind Hierarchien, wie das Couleuralter, vorübergehend aufgehoben.

Nach dem Trinken: Der Präside entscheidet, wer gewonnen hat. Der Unterlegene kann eine Entscheidung fordern oder anerkennen. Wird das Ergebnis angezweifelt, kann eine sogenannte Nagelprobe durchgeführt werden: Das Glas wird auf den Tisch gelegt, und wenn beim Ansetzen des Daumennagels noch Bierreste den Finger benetzen, gilt der Streit als verloren.

Hinweis zum Rahmen

Ein akademischer Bierstreit ist langwierig und unterhaltsam – eignet sich aber nur begrenzt für Veranstaltungen in der Öffentlichkeit. Er kann störend auf Außenstehende wirken und sollte daher mit Rücksicht auf Ort und Rahmen durchgeführt werden.

Besonderheit in Österreich

In österreichischen Verbindungen wird statt „Hängt!“ traditionell das Wort „Sitzt!“ verwendet, um einen Bierjungen anzunehmen – ein schöner Beleg für die regionale Vielfalt studentischer Traditionen.

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Timo Hänseler