Studentenverbindungen im Vergleich: Cartellverband, Burschenschaften, Landsmannschaften, Corps & Co.
Studentenverbindungen sind ein fester Bestandteil des akademischen Lebens im deutschsprachigen Raum – seit Jahrhunderten prägen sie die Hochschulkultur mit Ritualen, Gemeinschaftsleben und Netzwerkstrukturen. Doch Studentenverbindung ist nicht gleich Studentenverbindung. Die Unterschiede in Werten, Geschichte, Aufnahmebedingungen, politischen Einstellungen und Traditionen sind groß.
In diesem Beitrag bekommst du einen Überblick über die wichtigsten Verbindungstypen: Was unterscheidet den Cartellverband (CV) von Burschenschaften, Landsmannschaften, Turnerschaften oder Corps? Was sind ihre Grundprinzipien, und wie zeitgemäß sind sie heute noch?
Hier eine Einsteigerfreundliche Einführung in die fünf wichtigsten Verbindungstypen:
1. Der Cartellverband (CV) – Katholisch, akademisch, werteorientiert
Der Cartellverband (CV) ist ein Zusammenschluss von katholischen, nicht-schlagenden Studentenverbindungen. Im Zentrum stehen die vier Prinzipien:
religio (Glaube), scientia (Bildung), amicitia (Freundschaft) und patria (gesellschaftliche Verantwortung). Der CV fördert den Austausch zwischen Studenten und Alumni, organisiert Bildungsangebote und bietet eine starke Gemeinschaft über das Studium hinaus.
Kurz zur Geschichte:
Gegründet wurde der CV 1856 als Reaktion auf die Säkularisierung an Universitäten. Ziel war es, katholischen Studierenden ein Netzwerk zu bieten. Heute zählt der CV rund 30.000 Mitglieder in über 120 Verbindungen – darunter auch international, z. B. in Österreich, Polen oder der Schweiz.
3 Vorteile:
Kein Fechten: Der CV ist nicht schlagend – das akademische Fechten wird abgelehnt.
Christlich-soziales Wertefundament & spirituelle Angebote.
Starke akademische Förderung & breite Netzwerke
3 mögliche Nachteile:
Nur für Männer (klassischerweise) – keine gemischten Verbindungen.
Konfessionelle Bindung (katholisch) – nicht für jeden passend.
Weniger öffentlich sichtbar als andere Verbindungstypen.
2. Burschenschaften – Politisch & traditionsbewusst
Burschenschaften sind meist deutsch-nationale Verbindungen, die auf politische Diskussion und Geschichtsbewusstsein setzen. Sie verstehen sich oft als Hüter deutscher Traditionen und treten öffentlich stärker auf als andere Verbindungsarten.
Kurz zur Geschichte:
Die erste Burschenschaft wurde 1815 in Jena gegründet – als Teil der Bewegung für ein geeintes, freies Deutschland. Viele Burschenschaften sehen sich als Nachfolger dieser „Ur-Burschenschaft“.
3 Vorteile:
Starkes politisches & historisches Bewusstsein.
Lebenslanges, enges Netzwerk mit beruflichen Vorteilen.
Klare Strukturen & Traditionspflege.
3 mögliche Nachteile:
Pflichtschlagend: Fechten mit scharfen Waffen ist bei vielen Burschenschaften verpflichtend.
Politisch teils stark rechts-konservativ – nicht selten umstritten.
Ausschluss von Frauen – fast alle sind reine Männerverbindungen
3. Landsmannschaften – Freundschaft & Herkunftsverbundenheit
Landsmannschaften basieren ursprünglich auf der Herkunft der Mitglieder (z. B. aus gleichen Regionen). Heute liegt der Fokus auf Freundschaft, akademischem Austausch und teils auch auf Fechten.
Kurz zur Geschichte:
Landsmannschaften sind eine der ältesten Verbindungsformen, entstanden im 17. Jahrhundert. Damals taten sich Studenten aus derselben Heimatregion zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen.
3 Vorteile:
Betonung auf lebenslanger Freundschaft & Zusammenhalt.
Mischung aus Tradition & Moderne in vielen Verbindungen.
Teilweise fakultativ schlagend – Fechten ist oft freiwillig.
3 mögliche Nachteile:
Teils veraltete Rituale oder konservatives Auftreten.
Männerdominiert, nur wenige gemischte Gruppen.
Regionalbezug heute meist nur symbolisch.
4. Turnerschaften – Sportlich & korporativ
Turnerschaften vereinen akademisches Leben mit körperlicher Ertüchtigung – sei es Fechten, Leichtathletik oder Mannschaftssport. Sie setzen auf Disziplin, Fitness und Kameradschaft.
Kurz zur Geschichte:
Turnerschaften entstanden im 19. Jahrhundert im Umfeld der deutschen Turnbewegung. Sport galt als Mittel zur Stärkung von Charakter und Nation.
3 Vorteile:
Starker Fokus auf körperliche Fitness & Teamgeist.
Gemeinsame sportliche Ziele verbinden langfristig.
Gute Gemeinschaft & klarer Rahmen für Mitgestaltung.
3 mögliche Nachteile:
Häufig Pflichtfechten als Teil der Verbindungskultur.
Konservative Weltanschauung in vielen Verbindungen.
Fokus auf Männlichkeit – selten für alle passend.
5. Corps – Elitär, tolerant, traditionsreich
Was ist das?
Corps sind traditionsreiche Verbindungen mit Fokus auf Toleranz, Leistungsbereitschaft und gutes Benehmen. Das akademische Fechten ist fest verankert, gleichzeitig werben sie mit liberalem Denken und Offenheit gegenüber Herkunft oder Religion.
Kurz zur Geschichte:
Corps zählen zu den ältesten Studentenverbindungen – viele wurden bereits im 18. Jahrhundert gegründet. Sie waren früher stark am Hofe und im Militär vertreten.
3 Vorteile:
Großes, elitäres Netzwerk mit vielen beruflichen Chancen.
Fechten als Charakter- und Mutprobe (Pflicht in den meisten Corps).
Toleranz gegenüber Herkunft & Religion – offen für Vielfalt.
3 mögliche Nachteile:
Pflichtschlagend – Fechten mit scharfer Klinge ist Standard.
Stark hierarchisch – nicht jede:r fühlt sich wohl.
Anspruchsvoll in Zeit & Engagement – hoher Erwartungsdruck.
Fechten in Studentenverbindungen – was bedeutet das eigentlich?
Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zwischen Studentenverbindungen ist der Umgang mit dem sogenannten akademischen Fechten, oft auch Mensur genannt. Dabei handelt es sich um ein ritualisiertes Duell mit scharfen Waffen, das nicht auf Sieg oder Niederlage, sondern auf Mut, Disziplin und Haltung abzielt. Je nach Verbindung wird mit dieser Tradition sehr unterschiedlich umgegangen:
Nichtschlagend: Verbindungen dieser Art lehnen das Fechten grundsätzlich ab. Es gibt keine Mensuren, keine Waffenübungen, keine Fechtpflicht. Stattdessen stehen Gemeinschaft, Bildung und Werte im Vordergrund. → Beispiel: Cartellverband (CV)
Fakultativ schlagend: Hier ist das Fechten freiwillig. Du kannst teilnehmen, musst aber nicht. Diese Option richtet sich oft an Studierende, die sich für die Tradition interessieren, aber selbst entscheiden möchten, ob sie daran teilnehmen wollen. → Beispiel: Einige Landsmannschaften
Pflichtschlagend (auch "schlagend"): In diesen Verbindungen ist das Fechten verpflichtender Bestandteil der Mitgliedschaft. Neue Mitglieder müssen in der Regel eine oder mehrere Mensuren absolvieren. Fechten gilt hier als Mutprobe, Charakterformung und Bestandteil der Verbindungsehre. → Beispiele: Corps, Burschenschaften, Turnerschaften
Wichtig: Fechten in Studentenverbindungen hat nichts mit Aggression oder Kampf im klassischen Sinne zu tun. Es ist stark ritualisiert, medizinisch begleitet und folgt festen Regeln – für Außenstehende oft schwer nachvollziehbar, innerhalb vieler Verbindungen jedoch hoch angesehen.
Fazit: Orientierung für deinen Weg
Studentenverbindungen sind so unterschiedlich wie ihre Mitglieder – und nicht jede passt zu jedem. Wenn du dir eine Gemeinschaft wünschst, die auf Werten wie Freundschaft, Bildung und Verantwortung basiert, ohne Zwang zum Fechten, und die Raum für persönliche Entwicklung und echtes Miteinander bietet, dann ist der Cartellverband (CV) eine gute Wahl.
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Ob CV, Corps, Landsmannschaft oder Turnerschaft – informiere dich offen und ehrlich, lerne die Menschen vor Ort kennen und finde heraus, welche Verbindung zu deinen Werten und Zielen passt. Denn eine gute Verbindung kann mehr sein als nur ein Netzwerk: Sie kann ein Zuhause fürs Studium – und fürs Leben – sein.
Häufig gestellte Fragen
Was unterscheidet den Cartellverband von anderen Studentenverbindungen?
Der CV ist konfessionell gebunden (katholisch), lehnt das Fechten ab, legt Wert auf Wissenschaft, Glaube und Gemeinschaft und bietet moderne Formen der Organisation und Förderung – z. B. Mentoring, Akademien und digitale Plattformen.
Gibt es auch Frauen im Cartellverband?
Der Cartellverband selbst ist ein Männerverband. Es gibt jedoch Schwesterverbände wie den UV (Unitas-Verband) oder Katholische Frauengemeinschaften, mit denen Austausch stattfindet.
Ist der CV politisch?
Der CV ist überparteilich. Die politische Meinungsbildung der Mitglieder findet im Diskurs statt – ohne parteipolitische Bindung.
Welche Rolle spielt die Zeitschrift ACADEMIA?
Sie ist das zentrale Kommunikationsmittel des CV – mit Beiträgen zu Glaube, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Die ACADEMIA stärkt den Austausch und die gemeinsame Wertebasis aller Mitglieder.
Die ACADEMIA – Stimme des Cartellverbands
Eine Besonderheit des CV ist seine traditionsreiche Verbandszeitschrift ACADEMIA, die seit 1868 erscheint. Sie informiert über Entwicklungen im Verband, berichtet aus den Verbindungen und beleuchtet gesellschaftliche, wissenschaftliche und religiöse Themen. Die ACADEMIA ist ein zentrales Medium, um den interdisziplinären Austausch zu fördern und das gemeinschaftliche Selbstverständnis der Mitglieder zu stärken.